Die Frage, ob eine ERP-Software die Anforderungen für ein Multisite-fähiges System oder mandantenfähig sein soll, ist ein wichtiges Entscheidungskriterium für die Auswahl. Es handelt sich um eine Grundanforderung vieler Unternehmen, wenn die ERP-Software an mehreren Standorten oder gemeinsam in verbundenen Firmen eingesetzt werden soll. Selbst wenn zum aktuellen Zeitpunkt der Entscheidungsfindung diese Anforderung noch nicht besteht, sollte man sich an dieser Stelle mögliche Wege in der Zukunft nicht verbauen.
Gerade bei der Begriffsbestimmung ist eine genaue Definition auch der firmenspezifischen Anforderungen ist hier sinnvoll. Die beiden Begriffe sind keine Gegensätze: Ein System ist also nicht entweder multisite- oder mandantenfähig.
Mandanten
Klar ist, dass ein Unternehmen mit mehreren Standorten und / oder Organisationseinheiten auf die eine oder andere Weise Mandanten in seinem System braucht um eine logische Abgrenzung der vorhandenen Daten sicherzustellen. Ein Mandant ist in diesem Kontext eine eigene betriebswirtschaftliche Einheit, wie z. B. ein Unternehmen oder ein Tochterunternehmen.
Ein ERP-System ist dann mandantenfähig, wenn es in der Lage ist, mehrere Mandanten auf einem physischen Serversystem zu verwalten. Jedes Unternehmen bekommt eine eigene Systeminstanz, die auf dessen individuelle Organisations- und Prozessstruktur zugeschnitten ist. Allerdings kann es auch einen Datenaustausch und Prozessinteraktionen über Tochter- bzw. Unternehmensgrenzen hinaus geben:
In Unternehmensverbünden oder Konzernen sind solche "Intercompany"-Geschäfte Alltag. Daher müssen die ERP-Instanzen automatisiert Daten austauschen und Prozesse synchronisieren: Aktionen in einem Unternehmen müssen automatisch Prozesse in der ERP-Instanz im zweiten Unternehmen auslösen und umgekehrt.
Mandantenfähigkeit - Begriffsdefinition
Als mandantenfähig (auch mandantentauglich) wird Informationstechnik bezeichnet, die auf demselben Server oder demselben Software-System mehrere Mandanten, also Kunden oder Auftraggeber, bedienen kann, ohne dass diese gegenseitigen Einblick in ihre Daten, Benutzerverwaltung und Ähnliches haben. Ein IT-System, das dieser Eigenschaft genügt, bietet die Möglichkeit der disjunkten, mandantenorientierten Datenhaltung, Präsentation (GUI) und Konfiguration (Customizing). Jeder Kunde kann nur seine Daten sehen und ändern. Ein System wird nicht mandantenfähig, indem man für jeden Mandanten eine eigene Instanz (Kopie) des Systems erstellt.
Der Mandant ist die oberste Ordnungsinstanz in dem IT-System und stellt eine datentechnisch und organisatorisch abgeschlossene Einheit im System dar. Der Mandant strukturiert somit die Nutzung des Systems.
In einem mandantenfähigen System muss zwischen mandantenabhängigen und mandantenübergreifenden Daten und Objekten unterschieden werden. Mandantenabhängige Daten und Objekte sind Daten, Datenpräsentationen und Konfigurationen, die für jeden Mandanten individuell geregelt werden können. Beispiele sind Kunden, deren Kontoinformationen oder das Benutzerverzeichnis.
Mandantenübergreifende Daten und Objekte dienen der allgemeinen und mandantenunabhängigen Konfiguration des Systems. Beispiele sind Länder, Orte, Währungskurse oder international standardisierte Branchenkataloge.
Vorteile von Mandantensystemen sind insbesondere die zentrale Installation und Wartung, der geringere Speicherbedarf für Daten (da mandantenübergreifende Daten und Objekte nur einmal pro installiertem System und nicht einmal pro Mandant gehalten werden müssen), sowie gegebenenfalls geringere Lizenzkosten (abhängig vom Lizenzmodell).
[1] Quelle: Wikipedia